Diese Ausgabe befaßt sich mit möglichen therapeutischen Anwendungen von Weihrauch bei chronischen Entzündungen.
Weihrauch – ein natürliches Heilmittel bei chronischen Entzündungen
Inhaltsübersicht:
- Weihrauch als Kulturgut
- Neues Interesse an Weihrauch als Heilpflanze
- Wie wirkt Weihrauch
- Anwendungsbereiche für Weihrauch-Extrakt
- Dosierung von Weihrauch
- Ausblick
Was ist dran am Weihrauch?
Großes Interesse haben kürzliche Medienberichte über den therapeutischen Einsatz von Weihrauch bei der Behandlung von chronischen Entzündungen ausgelöst. „Was ist dran am Weihrauch?“ fragen verständlicherweise vor allem die von solchen Leiden Betroffenen. Über die erstaunlich lange Tradition des „heiligen Harzes“ in der indischen Heilkunde, neue Forschungsergebnisse und Erfahrungen in der Anwendung sowie über den gegenwärtigen Stand der Diskussion informiert der folgende Bericht.
Weihrauch als Kulturgut
- Weihrauch in der Religion
Mit dem Wort „Weihrauch“ verbinden wir gewöhnlich die Vorstellung einer prächtigen katholischen Messe, Priester im Ornat, das Schwenken des Weihrauch-Kessels, den Rauch und den typischen intensiven Duft. Und wir erinnern uns, daß Weihrauch – neben Myrrhe und Gold – zu den Gaben der Heiligen Drei Könige aus dem Morgenland gehörte. Weihrauch, der in der Antike zu den kostbarsten Spezereien zählte, wurde bereits im 4. Jahrhundert n. Chr. als Ehrenerweis vor Bischöfen in Prozessionen verwendet. Sein Gebrauch im Kultus anderer Religionen reicht freilich noch viel weiter zurück: Den orientalischen Göttern wurde Weihrauch schon vor 7.000 Jahren geopfert. Die Ägypter verwendeten Weihrauch nicht nur im Kultus, sondern zum Einbalsamieren, als Räuchermittel und zu reinigenden (desinfizierenden) Zwecken.
- Weihrauch und traditionelle Medizin
Weniger bekannt ist, daß das Harz des indischen Weihrauchbaumes (Boswellia serrata) in der traditionellen indischen Naturheilkunde des Ayurveda („Wissenschaft vom gesunden Leben“) seit über 3.000 Jahren als wichtiges Heilmittel eingesetzt wird. Als Salbe wurde „Guggul“ (alte Sanskrit-Bezeichnung der Pflanze) bei Entzündungen, (v. a. Gelenkentzündungen), Knochenbrüchen, Drüsenschwellungen und Geschwüren aufgetragen. Innerlich setzte man es bei chronischen Darmerkrankungen und Hämorrhoiden ein, sowie bei Entzündungen des Mundraums.
Neues Interesse an Weihrauch als Heilmittel
In jüngster Zeit wurde in verschiedenen Presse-Veröffentlichungen und auch im Fernsehen auf erstaunliche Erfolge bei der Behandlung von rheumatischen Erkrankungen mit Weihrauch-Extrakt (400 mg Trockenextrakt pro Tablette) berichtet. Bei diesen Erkrankungen spielen chronische Entzündungen ja eine entscheidende Rolle. Jeder Betroffene weiß auch, daß die herkömmlichen Rheuma-Mittel gerade bei längerem oder gar dauerndem Gebrauch schwere Nebenwirkungen haben können. So verwundert es nicht, daß viele Rheuma-Patienten die Hoffnung haben, Linderung oder Heilung durch ein natürliches, unschädliches Präparat, eben Weihrauch, zu finden. Sind solche Hoffnungen begründet?
Wie wirkt Weihrauch?
Neben zahlreichen anderen Substanzen (z. B. ätherische Öle, Gerbstoffe usw.) enthält der Weihrauchharz 5 – 8 % Boswelliasäuren. Von den Boswelliasäuren ist bekannt, daß sie entzündungshemmende (antiphlogistische) Wirkungen haben.
Entzündungen sind gekennzeichnet durch Rötung, Schwellung, Ödembildung, Wärme und gestörte Organfunktion. Sie werden im Körper durch ein bestimmtes Enzym (5‑Lipoxygenase) verursacht.
Dieses Enzym veranlaßt die Bildung von sogenannten Leukotriene. Das sind körpereigene Stoffwechselprodukte, die für die Aufrechterhaltung von chronischen Entzündungen verantwortlich sind. Entzündliche Erkrankungen sind daher mit einer erhöhten Leukotrienen-Bildung im Organismus verbunden. Gelingt es, die übermäßige Leukotrienen-Produktion im Körper zu stoppen, so bilden sich die chronischen Entzündungen zurück. Wir haben oben gesehen, daß die Leukotrienen-Produktion durch ein bestimmtes Enzym veranlaßt wird. Inaktiviert man dieses Enzym, können keine Leukotrienen entstehen. Genau dies tun nun die Boswellia-Säuren. Sie hemmen die Tätigkeit des Enzyms 5‑Lipoxygenase.
Anwendungsbereiche für Weihrauch-Extrakt
Wir haben gesehen, daß – nach dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis – eine erhöhte Leukotrienenproduktion als ursächlich für die Aufrechterhaltung von chronischen Entzündungen angesehen wird. Man kann ein Übermaß an Leukotrienen bei vielen und verschiedenartigen Krankheitsbildern beobachten. Dazu gehören Krankheiten des rheumatischen Formenkreises, vor allem die
- Rheumatische Arthritis,
- Osteoarthritis,
- chronische Gelenkentzündung (Polyarthritis),
aber auch die – leider sehr verbreiteten –
- entzündlichen Darmerkrankungen Morbus Crohn und
- Colitis ulcerosa,
- die Schuppenflechte (Psoriasis) sowie
- Asthma bronchiale.
Chronische Polyarthritis
Um die Erforschung der therapeutischen Einsatzmöglichkeiten von Weihrauch-Extrakt hat sich in Deutschland vor allem der Tübinger Pharmakologe Prof. Hermann P. T. Ammon, verdient gemacht.
Er berichtet über die Ergebnisse einiger klinischer Untersuchungen mit Weihrauch-Extrakt bei einer limitierten Anzahl von Patienten mit chronischer Polyarthritis. Prof. Ammon bezeichnet die Ergebnisse als „vielversprechend“ und schreibt: „So zeigte sich in etwa 60 – 70 % der Fälle ein Rückgang der Schmerzen, der Schwellung und der Gelenksteifigkeit.“
Colitis ulcerosa
Prof. Ammon fährt fort: „Das gleiche scheint für die Behandlung der Colitis ulcerosa zu gelten, bei der in einer kürzlich in Indien durchgeführten offenen Studie mit 34 Patienten, die sechs Wochen lang täglich mit einem alkoholische Extrakt aus dem Harz von Boswellia serrata behandelt wurden, in 80 % der Fälle eine Remission (Zurückgehen der Krankheitserscheinungen) auftrat. Die Ergebnisse waren ähnlich denen einer Kontrollgruppe mit dem Standardpräparat Sulfasalazin.“
Eine Fallstudie zu Weihrauch
Besonders beeindruckend ist ein Bericht der Eltern des 12-jährigen C., der 1992 an Colitis ulcerosa erkrankt war. Der schwere Krankheitsverlauf erforderte einen 5‑monatigen Krankenhausaufenthalt. Behandelt wurde mit Cortison sowie einer 6‑wöchigen reinen Tropfernährung. Die Ernährung erfolgte dann laut entsprechendem Diätplan. Es trat jedoch keine entscheidende Besserung ein, der Junge verbrachte jährlich ca. 3 – 6 Wochen im Krankenhaus.
Auch eine Hypnosetherapie und eine Akupunkturbehandlung mit Darmsanierung blieb ohne nennenswerten Erfolg. Im Sommer 1995 wurde ein Therapieversuch mit Budenofalk unternommen. Von nun an wurde auch Imurek ständig verabreicht. Auch hier trat keine durchgreifende Verbesserung des Gesundheitszustandes ein, im Gegenteil: Ein Orthopäde stellte die Diagnose Osteoporose – eine Folge der ständigen Cortisongaben.
Dannach kam es zu einem neuen schweren Schub. Man riet den Eltern an, die Entfernung des gesamten Dickdarms in Erwägung zu ziehen.
Im Mai 1996 erfuhren die Eltern von der Möglichkeit einer Weihrauchtherapie. Sie und der den Jungen behandelnde Internist sahen diese Therapie als letzten Strohhalm vor einer eigentlich unausweichlichen Operation. Schon 3 – 4 Wochen nach der Einnahme von Weihrauch trat eine Besserung des Krankheitsverlaufs ein, die sich bis heute kontinuierlich fortsetzt. Der Junge ist nahezu beschwerdefrei: der Stuhlgang ist fest und eine bestimmte Diät muß auch nicht mehr eingehalten werden.
Weihrauch bei Hirntumoren?
Der Pharmakologe Prof. Dr. Thomas Simmet berichtet über den Einsatz von Weihrauch-Extrakt bei einer bestimmten Form von Hirntumoren (Astrozytom). Bei dieser Tumorart konnten mit dem Weihrauch-Präparat deutliche klinische Besserungen der Hirndrucksymptome erzielt werden, außerdem hemmte es das Wachstum der Turmorzellen.
Prof. Simmet konnte in Zellkulturversuchen und in klinischen Tests zeigen, daß das Tumorwachstum und die damit auftretenden Ödeme möglicherweise durch Leukotriene verursacht werden. Die Tumorzellen schütten diese Stoffe aus und vermehren sich unter ihrem Einfluß weiter; ein Teufelskreis, der kaum zu durchbrechen ist. Je bösartiger ein Tumor ist, desto mehr Leukotriene bildet er, sagt Prof. Simmet.
Auf einem Internationalen Kongreß für Phytotherapie in München präsentierte Simmet die Ergebnisse, die er zusammen mit dem Neurochirurgen Michael Winking von der Universität Gießen an 25 Patienten erhalten hatte. Diese bekamen eine Woche lang einen Trockenextrakt des Boswellia-Baums; anschließend entfernten die Ärzte die Krebsgeschwulst durch eine Operation. Bei jedem zweiten Krebskranken war der Tumor bereits weitgehend abgestorben. Die Ödeme wurden ebenfalls kleiner, so daß sich die neurologischen Ausfälle wie Sprachstörungen in einigen Fällen besserten.
Dosierung von Weihrauch
Bei chronischen Beschwerden mit entzündlicher Aktivität (wie z. B. chronische Polyarthritis) liegt der empfohlene Dosisbereich bei Langzeitbehandlung zu Beginn der Therapie und bei starken Beschwerden bei 3 x 800 mg Trockenextrakt täglich, sonst bei 3 x 400 mg Trockenextrakt.
Für Kinder bis 10 Jahre ist die halbe Dosis zu empfehlen. Das Präparat (in Kapsel- oder Tablettenform verfügbar) wird nach den Mahlzeiten mit etwas Flüssigkeit geschluckt.
Symptome bei Überdosierung, toxische Wirkungen, Nebenwirkungen, Gegenanzeigen sind bisher nicht bekannt geworden.
Ausblick
Die ungewöhnlich lange Tradition von Weihrauch in der indischen Erfahrungsmedizin rechtfertigen sicherlich ein Vertrauen in seine Anwendung. Dies ist für alle von chronischen Entzündungen Betroffenen besonders wichtig. Es ist zu erwarten, daß die vielversprechenden bisherigen Ergebnisse durch weitere klinische Untersuchungen noch stärker wissenschaftlich untermauert werden können. Das jetzt – nicht zuletzt durch die Medien angeregte – öffentliche Interesse sollte diese Forschungsarbeit beflügeln.
Prof. Ammon gibt dazu diesen Ausblick: „Wir sind uns darüber im klaren, daß diese ersten klinischen Ergebnissse nicht ausreichen, um Zulassungsbehörden von der Wirksamkeit und Unbedenklichkeit jetzt schon zu überzeugen. Die bisherigen Daten ermutigen uns jedoch, weitere Untersuchungen darüber anzuregen, inwieweit Extrakte aus dem Harz von Boswellia serrata oder isolierte Boswelliasäuren auch bei anderen Krankheiten, bei denen eine vermehrte Bildung von Leukotrienen eine wichtige Rolle spielt, eine Besserung herbeiführen. Dies um so mehr, als nicht davon auszugehen ist, daß von Boswelliaprodukten schwerwiegenden Nebenwirkungen, wie sie bei klassichen Antiphlogistika/Antirheumika bekannt sind, auftreten.“
- Asthma
- Lungenfibrose
- Atmungsschmerzsyndrom bei Erwachsenen
- allergisch verursachte Rhinitis (Nasenschleimhautentzündung)
- allergisch verursachte Bindehautentzündung
- Rheumatoide Arthritis
- Lupus erythematodes (Autoimmunkrankheit ungeklärter Ursache, bei der es zur Bildung zahlreicher Auto-Antikörper und Immunkomplexen kommt, die v.a. entzündliche Vorgänge auslösen)
- Gicht
- Lyme Arthritis (rheumatische Erkrankung als spätsymptomatische Folge eines Zeckenbisses.)
- Psoriasis (Schuppenflechte)
- Urticaria (Nesselsucht)
- Darmentzündungen wie Colitis ulcerosa
- Morbus Crohn
- Bauchspeicheldrüsen-Entzündung
- Leberzirrhose
- Astrozytom (Hirntumor)
- Multiple Sklerose
- Myokordiale Ischämie (Durchblutungsstörungen im Herzbereich)
- Nikotinsucht
- Brüchigkeit/Durchlässigkeit der Blutkapillaren (Haargefäße).