Die Wirk­stof­fe der essen­ti­el­len Fett­säu­ren – DHA – EPA – LA – GLA

Die­ser Arti­kel befaßt sich mit den Wirk­stof­fen der essen­ti­el­len Fett­säu­ren, deren Erfor­schung ernst­haft erst in den 50er Jah­ren des 20 Jahr­hun­derts begann.

Die Wirk­stof­fe der essen­ti­el­len Fett­säu­ren DHA – EPA – LA – GLA

Beschäf­tigt man sich mit den essen­ti­el­len Fett­säu­ren, fällt auf, wie rela­tiv neu die Erkennt­nis­se sind von ihrer umfas­sen­den Bedeu­tung für unse­re Gesund­heit. Waren die Vit­ami­ne zum Groß­teil schon zu Beginn des letz­ten Jahr­hun­derts als lebens­not­wen­di­ge Bau­stei­ne unse­rer Ernäh­rung erkannt, dau­er­te es bis zum Ver­ständ­nis der essen­ti­el­len Fett­säu­ren noch fast bis zum Ende des Jahr­hun­derts. Viel­leicht maß man den Fett­säu­ren am Anfang nicht die Bedeu­tung zu, die ihnen heut­zu­ta­ge ohne Zwei­fel zusteht und die schon fast zu All­ge­mein­wis­sen gewor­den sind. Viel­leicht war es auch die Kom­ple­xi­tät des Gebie­tes, die sei­ne Erfor­schung so lang­wie­rig und schwie­rig gestal­te­te. Vie­le Klip­pen muß­ten umfah­ren wer­den und schwer­wie­gen­de Feh­ler wur­den began­gen, bis der Erkennt­nis­stand von heu­te erreicht war.

Rück­blick zur For­schung an essen­ti­el­len Fettsäuren

Die ernst­haf­te Aus­ein­an­der­set­zung der Wis­sen­schaft­ler mit den essen­ti­el­len Fett­säu­ren begann in den fünf­zi­ger Jah­ren des letz­ten Jahr­hun­derts. Eine für die dama­li­ge Zeit neue Form der Herz­at­ta­cke berei­te­te den Ärz­ten gro­ße Sor­ge: Gesund aus­se­hen­de Men­schen erla­gen ihr und zwar nicht in Fol­ge einer Infek­ti­on oder eines ange­bo­re­nen Defekts oder wegen des erreich­ten Alters (sie waren meist zwi­schen 40 und 50 Jah­ren). Aut­op­sien brach­ten durch Plaque ver­eng­te Arte­ri­en zum Vor­schein und die Begrif­fe „Arte­rio­skle­ro­se“ und „Koro­na­re Herz­er­kran­kung“ gelang­ten trau­ri­ger­wei­se in unse­ren Sprach­ge­brauch. Bei der Ana­ly­se der Ernäh­rungs­ge­wohn­hei­ten der Ame­ri­ka­ner stell­ten die Wis­sen­schaft­ler fest, dass all­ge­mein zuviel gesät­tig­tes Fett durch Fleisch und zuwe­nig unge­sät­tig­tes Fett kon­su­miert wird. Bei­des aber war schlecht für das Herz. Die Ärz­te began­nen ihren Pati­en­ten nahe­zu­le­gen, dar­auf zu ach­ten, dass sie genü­gend unge­sät­tig­te Fet­te in ihrer Nah­rungs­auf­nah­me ein­bau­ten. Die Wirt­schaft spiel­te mit und ant­wor­te­te mit Ton­nen von mehr­fach unge­sät­tig­ten Fet­ten für den kom­mer­zi­el­len und für den Haus­ge­brauch. Das Land wur­de über­flu­tet mit Mais‑, Erd­nuss- und Son­nen­blu­men­öl, alle wun­der­ba­re Lie­fe­ran­ten der essen­ti­el­len Fett­säu­re Omega‑6. Die Fami­lie der Ome­ga-3-Fett­säu­ren ging dabei voll­kom­men unter – mit fata­len Fol­gen. Die Ame­ri­ka­ner lit­ten wei­ter unter Arte­rio­skle­ro­se und den Wis­sen­schaft­lern däm­mer­te all­mäh­lich, wie kom­plex das Gebiet der essen­ti­el­len Fett­säu­ren war. Die Unter­schie­de zwi­schen der Fami­lie der Ome­ga-3-Fett­säu­ren und der Ome­ga-6-Fett-säu­ren kris­tal­li­sier­ten sich lang­sam her­aus. Die Wich­tig­keit bei­der „Fami­li­en“ für die Gesund­heit stell­te sich immer mehr heraus.

Eski­mos frei von Herzerkrankungen

1980 ent­deck­ten For­scher wie frei von Herz­er­kran­kun­gen die Eski­mos in Grön­land waren und das sogar, obwohl sie Unmen­gen von Fett aßen. Die däni­schen Wis­sen­schaft­ler Bang und Dyer­berg stell­ten in Stu­di­en fest, dass die Blut­fett­wer­te der Eski­mos deut­lich bes­ser waren als die der Ame­ri­ka­ner und des Durch­schnit­t­eu­ro­pä­ers. Obwohl sich die Eski­mos durch einen hohen Fleisch­ver­zehr rela­tiv fett- und cho­le­ste­rin­reich ernäh­ren, haben sie sta­tis­tisch gese­hen eine dras­tisch ver­rin­ger­te Herz­in­farkt­ra­te (7 %) im Ver­gleich bei­spiels­wei­se zu den West­eu­ro­pä­ern (50 %). Man fand her­aus, dass die tra­di­tio­nel­le Eski­moer­näh­rung einen eher nied­ri­gen Anteil an Ome­ga-6-Fett-säu­ren besitzt, dafür aber einen sehr hohen Anteil an Ome­ga-3-Fett­säu­ren (Rob­ben, Wal­fleisch und Fisch) auf­weist. Damit war die bedeu­ten­de Rol­le der Ome­ga-3-Fett­säu­ren für die Gesund­heit offen­sicht­lich geworden.

Ome­ga-Fett­säu­ren

Vie­le unse­rer Zivi­li­sa­ti­ons­er­kran­kun­gen wie All­er­gien, Asth­ma, Koro­na­re Herz­er­kran­kung, Blut­hoch­druck, ent­zünd­li­che Erkran­kun­gen wie Rheu­ma oder Darm­er­kran­kun­gen (Mor­bus Chron, Coli­tis ulce­ro­sa) und Krebs­ar­ten wie Brust- und Kolon­kar­zi­nom wer­den mit dem aus­ge­präg­ten Kon­sum von Ome­ga-6-Fett­säu­ren und dem viel zu gerin­gen Ome­ga-3-Fett-säu­re­an­teil unse­rer Ernäh­rung in Zusam­men­hang gebracht.

Bei­de Fami­li­en der essen­ti­el­len Fett­säu­ren – die Ome­ga-3-Fet­te und die Ome­ga-6-Fet­te – sind jedoch unver­zicht­bar für das Wohl­be­fin­den. Wie sich noch zei­gen wird, ist das Ver­hält­nis von bei­den für die Gesund­heit entscheidend.

Ome­ga-6-Fett­säu­ren

Die wich­tigs­ten Ome­ga-6-Fett­säu­ren sind Lin­ol­säu­re (LA), Gam­ma-Lino-len­säu­re (GLA), Diho­mo-Gam­ma-Lin­o­le-nsäu­re (DHLA) und Arachidonsäure.

Ome­ga-3-Fett­säu­ren

Zu den wich­tigs­ten Ome­ga-3-Fett­säu­ren gehö­ren Alpha-Lin­o­len­säu­re (LNA), Eico­sapen­taen­säu­re (EPA) und Doco­sa­he­xa­en­säu­re (DHA). Alpha-Lin­o­len­säu­re fin­det sich in Algen, Far­nen und Moo­sen und eini­gen pflanz­li­chen Ölen. Gene­rell über­wiegt jedoch in pflanz­li­chen Fet­ten bei Wei­tem der Omega-6-Fettsäureanteil.

Die wich­tigs­te Nah­rungs­quel­le für die Ome­ga-3-Fett­säu­ren Eico­sapen­taen­säu­re (EPA) und Doco­sa­he­xa­en­säu­re (DHA) sind Kalt­was­ser­fi­sche. Der Ome­ga-3-Fett­säu­re­ge­halt ist dabei umso höher, je käl­ter das Meer­was­ser ist, in dem die Fische leben. Phy­to­plank­ton, das den See­fi­schen als Nah­rung dient, ist die pri­mä­re Omega-3-Fettsäurequelle.

Das Ver­hält­nis von Omega‑3 und Omega‑6

Omega‑3 und Ome­ga-6-Fett­säu­en sind wesent­li­che Bestand­tei­le aller Kör­per­zel­len und bewir­ken unter ande­rem, daß die Zel­len elas­tisch sind. Das ist sowohl für eine geschmei­di­ge Haut not­wen­dig als auch für die ver­schie­dens­ten Zell­ty­pen im Kör­per­in­ne­ren. Erst bei einem aus­rei­chen­den Anteil unge­sät­tig­ter Fett­säu­ren kön­nen die­se Zel­len opti­mal funk­tio­nie­ren. Mehr­fach unge­sät­tig­te Fett­säu­ren sind außer­dem das Aus­gangs­ma­te­ri­al für die soge­nann­ten Eicos­ano­ide. Das sind Stof­fe, die ver­schie­de­ne lebens­not­wen­di­ge Vor­gän­ge im Kör­per regu­lie­ren. Dazu gehö­ren der Blut­druck, die Blut­ge­rin­nung und die Blutfettspiegel.

Eicos­ano­ide aus Ome­ga-6- und Ome­ga-3-Fett­säu­ren haben oft ent­ge­gen­ge­setz­te Wir­kun­gen. Die Balan­ce zwi­schen die­sen Boten­stof­fen ist daher für die Erhal­tung der Gesund­heit sehr wich­tig. Das kann nur über ein aus­ge­wo­ge­nes Ver­hält­nis der bei­den Fett­säu­re-Fami­li­en in der Nah­rung erfol­gen. Aus Ome­ga-3-Fett­säu­ren wer­den vor­wie­gend sol­che Boten­stof­fe gebil­det, die vor einer Arte­ri­en­ver­kal­kung schüt­zen können.

Daher soll­te ver­stärkt auf einen aus­rei­chen­den Ver­zehr von Ome­ga-3-Fett-säu­ren aus fet­ten See­fi­schen geach­tet wer­den, ins­be­son­de­re dann, wenn vie­le Ome­ga-6-Fett­säu­ren aus pflanz­li­chen Fet­ten und Ölen ver­zehrt werden.

Die essen­ti­el­len Fettsäuren

Die Haupt­be­stand­tei­le aller Fet­te sind Fett­säu­ren. Jede Fett­säu­re wie­der­um basiert auf den glei­chen Ele­men­ten: Koh­len­stoff, Sau­er­stoff und Was­ser­stoff. Die­se Ele­men­te sind ange­ord­net in Mole­kü­len zu den soge­nann­ten Fett­säu­ren. Der fet­ti­ge Teil eines Fett­säu­re-Mole­küls besteht aus Koh­len­stoff-Ato­men, die zu einer Ket­te ver­bun­den sind. Der Säu­re-Teil besteht aus Was­ser­stoff- und Sau­er­stoff-Ato­men, die mit dem Ende der Koh­len­stoff-Ket­te ver­bun­den sind. Eine Ket­te kann aus 4 bis zu 28 Koh­len­stoff-Ato­men bestehen. Die Fett­säu­ren wer­den klas­si­fi­ziert in kurz‑, mit­tel- oder lang­ket­ti­ge Fett­säu­ren, je nach Län­ge ihrer Ket­te eben. Je län­ger die Fett­säu­re­ket­ten in einem Fett, des­to schwe­rer ist es zu ver­dau­en oder zu schmelzen.Fettsäuren kön­nen gesät­tigt, unge­sät­tigt und mehr­fach unge­sät­tigt sein. Dies ist fest­ge­legt durch die Anzahl von Dop­pel­bin­dun­gen in einer Fett­säu­re­ket­te. Eine gesät­tig­te Fett­säu­re (z.B. Stearin­säu­re, Pal­mi­tin­säu­re) weist kei­ne Dop­pel­bin­dung auf, ein­fach bzw. mehr­fach unge­sät­tig­te Fett­säu­ren sind dage­gen mit einer (Ölsäu­re) oder mehr (z.B. Lin­ol­säu­re) Dop­pel­bin­dun­gen bestückt. Mit stei­gen­der Anzahl von Dop­pel­bin­dun­gen steigt die Reak­ti­ons­freu­de des Stof­fes, da die Bin­dungs­mög­lich­kei­ten nicht alle genutzt wer­den. Dies ist auch der Grund dafür, dass Fet­te mit einem gro­ßen Anteil reak­ti­ons­freu­di­ger unge­sät­tig­ter Fett­säu­ren schnel­ler ver­der­ben. Für den mensch­li­chen Kör­per gilt: Die reak­ti­ons­trä­gen, gesät­tig­ten Fett­säu­ren wan­dern zumeist direkt in die Depots, wäh­rend die reak­ti­ons­freu­di­ge­ren, unge­sät­tig­ten Fett­säu­ren bevor­zugt bei den orga­ni­schen Bau­pro­zes­sen ein­ge­setzt werden.

Her­kunft der Fette

Nach der Her­kunft gibt es tie­ri­sche und pflanz­li­che Fet­te. Wäh­rend die Fet­te tie­ri­schen Ursprungs in der Regel haupt­säch­lich gesät­tig­te Fet­te ent­hal­ten, fin­det man bei bestimm­ten Pflan­zen, aber auch in Fisch gro­ße Antei­le unge­sät­tig­ter Fettsäuren.

Dar­über hin­aus kann man nach der Zustands­form zwi­schen flüs­si­gen (z.B. Öle), halb­fes­ten (z.B. But­ter, Schmalz) und fes­ten Fet­ten (z.B. Kern­fett, Talg) unter­schei­den. All­ge­mein gilt: Flüs­si­ge Fet­te haben einen hohen Anteil an kurz­ket­ti­gen und unge­sät­tig­ten Fett­säu­ren, fes­te hin­ge­gen wei­sen einen gro­ßen Anteil lang­ket­ti­ger und gesät­tig­ter Fett­säu­ren auf. Schließ­lich kann man unter dem Gesichts­punkt der Ver­ar­bei­tung zwi­schen natur­be­las­se­nen Nah­rungs­fet­ten wie bei­spiels­wei­se kalt­ge­press­ten Ölen aus Dis­teln und Oli­ven und bear­bei­te­ten Nah­rungs­fet­ten unter­schei­den. Zu letz­te­ren gehö­ren raf­fi­nier­te Fet­te wie Spei­se­öl oder gehär­te­te Fet­te wie Erd­nuss- und Kokosfett.

Als essen­ti­el­le Fett­säu­ren bezeich­nen wir jene, die im Kör­per nicht selbst syn­the­ti­siert wer­den kön­nen und daher bei der Ernäh­rung zuge­führt wer­den müs­sen. Dies sind vor allem mehr­fach unge­sät­tig­te Fett­säu­ren sowohl aus der Grup­pe der Omega‑3 als auch aus der Grup­pe der Omega-6-Fettsäuren.

Eicos­ano­ide – Schlüs­sel unse­rer Gesundheit

Die Eicos­ano­ide kann man die „Super­hor­mo­ne“ unse­res Kör­pers nen­nen. Sie kon­trol­lie­ren nicht nur alle Hor­mon­sys­te­me, son­dern prak­tisch jede phy­sio­lo­gi­sche Vital­funk­ti­on: das Herz-Kreis­lauf-Sys­tem, das Immun­sys­tem, das Zen­tral­ner­ven­sys­tem, das Fort­pflan­zungs­sys­tem und so wei­ter. Genau betrach­tet ist die Auf­ga­be der Eicos­ano­ide kei­ne Gerin­ge­re als Gesund­heit und Leben zu erhalten.

Die Fami­lie der Eicos­ano­ide umfaßt eine brei­te Palet­te an „Super­hor­mo­nen“ mit zun­gen­bre­che­ri­schen Namen: Pro­sta­glan­di­ne, Throm­bo­xa­ne, Leu­ko­trie­ne, Lipoxi­ge­na­se und hydro­xi­lier­te Fett­säu­ren. Die Grup­pe der Eicos­ano­ide wur­de 1936 ent­deckt. Da sie aus der Pro­sta­ta iso­liert wur­den, nann­te man die ers­ten ent­deck­ten Eicos­ano­ide Pro­sta­glan­di­ne. Dann stell­te sich her­aus, dass die Pro­sta­glan­di­ne nur ein Teil der gro­ßen Fami­lie der Eicos­ano­ide bil­de­ten. In den vier­zi­ger Jah­ren fan­den Wis­sen­schaft­ler eine wei­te­re rät­sel­haf­te Bio­che­mi­ka­lie, die sie zunächst „slow-reac­ting-Subs-tance“ (SRS) nann­ten. Die­se Erkennt­nis führ­te schließ­lich zur Ent­de­ckung der Leu­ko­trie­ne, einer ande­ren Unter­klas­se von Eicos­ano­iden, die unter ande­rem die Bron­cho­ko­nstrik­ti­on und die All­er­gien kon­trol­lie­ren. Spä­ter in den sieb­zi­ger Jah­ren fand man die Pro­st­a­cy­cli­ne und Throm­bo­xa­ne – zwei Schlüs­sel-Eicos­ano­ide bei Herz­lei­den. In den 80-ziger Jah­ren wur­den wei­te­re Grup­pen von Eicos­ano­iden ent­deckt, unter ihnen Lipoxi­ge­na­sen und hydro­xi­lier­te Fett­säu­ren. Die­se Eicos­ano­ide sind bei Ent­zün­dungs­pro­zes­sen und der Regu­lie­rung des Immun­sys­tems von Bedeu­tung. Alle die­se Eicos­ano­ide wir­ken in der Ein­zel­zel­le und haben außer­or­dent­lich vie­le ver­schie­de­ne und star­ke Wirkungen.

Auf ein gesun­des Gleich­ge­wicht kommt es an

Wie sich bei­spiels­wei­se das Cho­le­ste­rin aus einem „guten“ und einen „schlech­ten“ Wert zusam­men­setzt, gibt es auch „gute“ und „schlech­te“ Eicos­ano­ide. Wie sich an den fol­gen­den Bei­spie­len zeigt, sind bei­de For­men unver­zicht­bar für unse­re Gesund­heit, ent­schei­dend ist jedoch das Gleich­ge­wicht die­ser gegen­sätz­li­chen Wirkungen.
Neh­men wir das Bei­spiel der Throm­bo­zy­ten­ag­gre­ga­ti­on. Die Throm­bo­zy­ten­ag­gre­ga­ti­on ist nur eine fach­li­che Bezeich­nung für die Bereit­schaft einer als Throm­bo­zy­ten bekann­ten Blut­zel­len­art, sich in Klum­pen anein­an­der zu lagern. Gute Eicos­ano­ide hal­ten die Throm­bo­zy­ten vom Anein­an­der­la­gern (einer Aggre­ga­ti­on) ab, schlech­te Eicos­ano­ide för­dern es. Wenn Throm­bo­zy­ten zur fal­schen Zeit mit­ein­an­der ver­klum­pen, kann sich ein Blut­pfropf ent­wi­ckeln, der einen Herz­in­farkt oder Schlag­an­fall aus­lö­sen kann. Wenn man sich aber schnei­det, will man, dass die Throm­bo­zy­ten ver­klum­pen, damit die Blu­tung gestoppt wird. Hät­te man zuwe­nig schlech­te Eicos­ano­ide, wür­de man verbluten.

Das glei­che gilt für den Blut­druck. Zu vie­le schlech­te Eicos­ano­ide bewir­ken hohen Blut­druck, da sie die Gefä­ße eng­stel­len (Vaso­konstrik­ti­on). Zu vie­le gute Eicos­ano­ide bewir­ken nied­ri­gen Blut­druck (Vaso­dila­ti­on), der zum Schock füh­ren kann.
Was auf die Throm­bo­zy­ten­ag­gre­ga­ti­on und den Blut­druck zutrifft, ist auch für Schmer­zen, Ent­zün­dun­gen, das Immun­sys­tem und vie­les ande­re gül­tig: Ein Ungleich­ge­wicht an guten und schlech­ten Eicos­ano­ide bedeu­tet Krankheit.

Wie man der Tabel­le ent­neh­men kann, unter­ste­hen prak­tisch alle Kör­per­funk­tio­nen, die wir für selbst­ver­ständ­lich hal­ten, der Kon­trol­le der Eicos­ano­ide. Offen­bar brau­chen wir ein dyna­mi­sches Gleich­ge­wicht guter und schlech­ter Eicos­ano­ide, um das bio­lo­gi­sche Gleich­ge­wicht auf­recht zu erhal­ten. Wir blei­ben gesund, wenn wir das Gleich­ge-wicht erhalten!

1982 wur­de der Nobel­preis der Medi­zin für die Erfor­schung der Eicos­ano­ide ver­lie­hen. Denn mit die­ser Ent­de­ckung begann auch eine neue Sicht­wei­se in der Medi­zin. Mit Hil­fe des neu ent­deck­ten Mus­ters las­sen sich vie­le, wenn nicht alle Krank­hei­ten, zu einem Gesamt­bild verknüpfen.Praktisch jede Krank­heit, ob Herz­lei­den, Krebs oder Erkran­kun­gen des Immun­sys­tems wie Arthri­tis und Mul­ti­pler Skle­ro­se läßt sich auf Mole­kü­le­be­ne so ver­ste­hen, dass der Kör­per ein­fach mehr schlech­te als gute Eicos­ano­ide pro­du­ziert. Für man­che Men­schen bedeu­tet die­ses Ungleich­ge­wicht Herz­lei­den, für ande­re Krebs, Arthri­tis oder Fett­sucht. Umge­kehrt heißt eine Neu­de­fi­ni­ti­on von Gesund­heit im Sin­ne guter und schlech­ter Eicos­ano­ide, dass eine ein­fa­che, aber ele­gan­te Mole­kül­de­fi­ni­ti­on von Wohl­be­fin­den exis­tiert: Wir sind dann gesund, wenn der Kör­per aus­ge­wo­gen „gute“ und „schlech­te“ Eicos­ano­ide produziert.

Wir­kung der guten und der schlech­ten Eicosanoide
„Gute“ Eicosanoide:
  • hem­men Thrombozytenaggregation
  • för­dern Vaso­dila­ta­ti­on (Erwei­te­rung der Blutgefäße)
  • hem­men Zellwucherungen
  • sti­mu­lie­ren Immunantworten
  • wir­ken entzündungshemmend
  • ver­rin­gern Schmerzübertragung

Schlech­te“ Eicosanoide:

  • för­dern Thrombozytenaggregation
  • för­dern Vaso­konstrik­ti­on (Ver­en­gung der Blutgefäße)
  • för­dern Zellwucherungen
  • unter­drü­cken Immunantworten
  • wir­ken entzündungsfördernd
  • ver­stär­ken Schmerzübertragung

Eicos­ano­ide und die essen­ti­el­len Fettsäuren

Die aus­rei­chen­de Auf­nah­me essen­ti­el­ler Fett­säu­ren ent­schei­det dar­über, ob wir genü­gend Eicos­ano­ide bil­den. Und nicht nur das: es kommt auf das Ver­hält­nis an von Omega‑3 und Ome­ga-6-Fett­säu­ren, ob wir mehr „gute“ als „schlech­te“ Eicos­ano­ide bil­den bzw. ein gesun­des Gleich­ge­wicht her­stel­len können.

Das Roh­ma­te­ri­al zur Pro­duk­ti­on aller Eicos­ano­ide sind also die essen­ti­el­len Fett­säu­ren. Sie müs­sen mit dem Nah­rungs­fett zuge­führt wer­den, da der Kör­per sie nicht sel­ber her­stel­len kann. Wie die Fehl­ein­schät­zung der ame­ri­ka­ni­schen Medi­zi­ner gezeigt hat, die ihren Herz­pa­ti­en­ten nur Ome­ga-6-Fet­te anrie­ten, för­dern hohe Wer­te der Ome­ga-6-Fet­te ohne die zügeln­de Wir­kung der Ome­ga-3-Fet­te tat­säch­lich die Erkran­kun­gen, von denen ange­nom­men wur­de, dass sie sie ver­hin­dern. Wie wich­tig aber nicht nur die Ome­ga-3-Fett­säu­ren sind son­dern auch die Ome­ga-6-Fett­säu­ren und die dar­aus gebil­de­ten Eicos­ano­ide zeigt sich bei der not­wen­di­gen Umwand­lung von Lin­ol­säu­re in Gamma-Linolensäure.

Gam­ma-Lin­o­len­säu­re ist die wich­tigs­te Fett­säu­re für die Gesund­heit. Die Vor­stu­fe davon, die Lin­ol­säu­re, kommt in fast jeder Nah­rung vor: Eiweiß, Gemü­se und sogar Getrei­de. In den meis­ten Fäl­len gilt: Je höher der Fett­an­teil eines Nah­rungs­mit­tels, des­to höher der Lin­ol­säu­re­ge­halt. Die­se Lin­ol­säu­re wird durch einen mehr­stu­fi­gen Pro­zess umge­wan­delt in ein Eicos­ano­id. Der ers­te Schritt in die­sem Umwand­lungs­pro­zeß fin­det statt, wenn ein Schlüs­sel­en­zym namens Del­ta-6-Desa­tu­ra­se die Lin­ol­säu­re zu einer mehr­fach unge­sät­tig­ten Fett­säu­re, der Gam­ma-Lin­o­len-Säu­re (GLA) näm­lich, syn­the­ti­siert. Anders als Lin­ol­säu­re, die in fast jeder Nah­rung zu fin­den ist, kommt GLA so gut wie nie vor. Die an GLA reichs­te Quel­le ist die Muttermilch.

GLA wird als „akti­vier­te“ essen­ti­el­le Fett­säu­re betrach­tet, weil sehr klei­ne Men­gen die Stoff­wech­sel­lei­tun­gen fül­len, die es dem Kör­per ermög­li­chen, ande­re akti­vier­te essen­ti­el­le Fett­säu­ren zu bil­den. Wenn der Kör­per aus irgend­ei­nem Grund nicht genug akti­vier­te essen­ti­el­le Fett­säu­ren wie GLA pro­du­ziert, gibt es kei­ne Mög­lich­keit, dar­aus Eicos­ano­ide zu bil­den und kei­nen Weg, die Kör­per­funk­tio­nen zu optimieren.

Ome­ga-6-Fett­säu­re­ge­halt
aus­ge­wäl­ter Nah­rungs­mit­tel
Nah­rungs­mit­tel Ome­ga-6-Fett­säu­re­gehalt je
Lin­ol­säu­re (LA)
Sonnenblumenöl
Sojaöl
Pflanzenmargarine
Diät­mar­ga­ri­ne­Arach­idon­säu­re (AA)
Schweineschmalz
Schweineleber
Eigelb
Schwei­ne­speck­Gam­ma-Lin­o­len­säu­re (GLA)
Bor­retsch­öl bis
Nacht­ker­zen­öl bis Omega-3-Fettsäuregehalt
aus­ge­wähl­ter Nah­rungs­mit­tel
Nah­rungs­mit­tel Ome­ga-3-Fett­säu­re­ge­halt je 
Alpha-Linolensäure
Leinsamenöl
Rapsöl

Eico­sapen­taen­säu­re
Hering
Lachs
Markrele

 

100 g

62,2 g
54,2 g
23,1 g
46,3 g

1.700 mg
870 mg
297 mg
250 mg

25 g
10 g

100 g

54,2 g
9,15 g

2,3 g
0,65 g
0,95 g

Es gibt zwei Lebens­ab­schnit­te, in denen die Fähig­keit des Kör­pers, GLA aus Lin­ol­säu­re her­zu­stel­len, gefähr­det ist und eine mög­li­cher­wei­se ein­schnei­den­de Unter­bre­chung in der Eicos­ano­id-Pro­duk­ti­on ensteht – der guten wie der schlech­ten. Der ers­te Abschnitt folgt auf die Geburt. Es dau­ert unge­fähr sechs Mona­te, bevor das Enzym Del­ta 6‑Desaturase danach sei­ne vol­le Akti­vi­tät erreicht. Wäh­rend die­ser Zeit erfolgt die lebens­wich­ti­ge Ver­sor­gung mit GLA (die das Kind noch nicht wirk­sam bil­den kann) aus­schließ­lich durch die Mut­ter­milch. Das erklärt, war­um Babys, die gestillt wur­den, meist gesün­der und schlan­ker sind als Fla­schen­ba­bys. Sie bekom­men mehr GLA mit der Nah­rung und kön­nen daher mehr gute Eicos­ano­ide bil­den. Kuh- oder Soja­milch, die für Baby­nah­rung ver­wen­det wer­den, ent­hal­ten prak­tisch kein GLA.
Sechs Mona­te nach der Geburt, wenn Del­ta 6‑Desaturase voll aktiv wird, kön­nen Säug­lin­ge ent­wöhnt wer­den, weil sie nun selb­stän­dig Lin­ol­säu­re aus der Nah­rung in ent­spre­chen­de Men­gen GLA umwan­deln können.

Der zwei­te Abschnitt, in dem die Fähig­keit des Kör­pers, GLA her­zu­stel­len gefähr­det ist, folgt auf das drei­ßigs­te Lebensjahr.

Mit dem Alte­rungs­pro­zeß ver­lang­samt sich die Tätig­keit von Del­ta 6‑Desaturase. Wis­sen­schaft­li­che Unter­su­chun­gen las­sen ver­mu­ten, dass die Eicos­ano­id­bil­dung im Alter von 65 Jah­ren nur noch ein Drit­tel der mit 25 Jah­ren mög­li­chen Pro­duk­ti­on ist. Dar­über hin­aus sind vie­le chro­ni­sche Erkran­kun­gen, die mit dem Alte­rungs­pro­zeß zusam­men­hän­gen (Herz­er­kran­kun­gen, Arthri­tis, Krebs) eng ver­bun­den mit dem Eicos­ano­id-Ungleich­ge­wicht (wenn nicht sogar einem rich­ti­gen Man­gel). Das könn­te von einer Ver­lang­sa­mung der Del­ta-6-Desa­tu­ra­se-Tätig­keit her­rüh­ren. Mit zuneh­men­den Alter wird es immer schwie­ri­ger, eine opti­ma­le Men­ge an GLA herzustellen.

Des­halb macht es auch Sinn, Ome­ga-6-Fett­säu­ren wie Nacht­ker­zen­öl oder Bor­retsch­sa­men­öl, die sehr viel Gam­ma-Lin­o­len­säu­re (GLA) ent­hal­ten, zuzu­füh­ren. Der Kör­per wird dann nicht mehr gefor­dert die Arbeit des Umwan­deln aus der Lin­ol­säu­re in die Gam­ma-Lin­o­len­säu­re zu voll­zie­hen. Damit erscheint es schlüs­sig, dass wir bei­de Ome­ga-Fami­li­en essen­ti­ell benö­ti­gen um uns vor Krank­heit zu schüt­zen. Die Kunst ist es, sie so aus­ge­wo­gen wie mög­lich zuzuführen.

Zusam­men­fas­sung

Wie wir gese­hen haben wird das labi­le Gleich­ge­wicht der Eicos­ano­ide durch unse­re Auf­nah­me essen­ti­el­ler Fett­säu­ren bestimmt. Das rich­ti­ge Ver­hält­nis der Fett­säu­ren zuein­an­der ist dabei ent­schei­dend und das bedeu­tet für uns Deut­schen immer, dass wir mehr Ome­ga-3-Fett­säu­ren auf­neh­men müs­sen. Aber wie sich gezeigt hat brau­chen wir auch die Ome­ga-6-Fett­säu­ren essen­ti­ell um GLA zu bil­den und wei­ter­ge­hend dar­aus die „guten“ und „schlech­ten“ Eicos­ano­ide. Mit zuneh­men­den Alter wird das immer wich­ti­ger, da unse­rer Kör­per abbaut und mit Hil­fe des Enzyms Del­ta 6‑Desaturase immer weni­ger GLA herstellt.

Was uns die Geschich­te der Fett­säu­ren gezeigt hat, ist, dass wir sie immer so aus­ge­wo­gen wie mög­lich, das bedeu­tet im opti­ma­len Fal­le im Ver­hält­nis 1:1 bis 3:1, auf­neh­men soll­ten. Nach neu­es­ten Erkennt­nis­sen der Wis­sen­schaft nimmt die Eicos­ano­id-Bil­dung aus GLA mit zuneh­men­den Alter ab, was eine Ver­schlech­te­rung der gesund­heit­li­chen Situa­ti­on bedeu­tet. Auch GLA soll­te damit not­wen­di­ger­wei­se direkt auf­ge­nom­men werden.

Auf eine opti­ma­le Zufuhr essen­ti­el­ler Fett­säu­ren zu ach­ten soll­te so wich­tig sein wie sich aus­rei­chend mit Vit­ami­nen zu ver­sor­gen. Vie­le Zivil­sa­ti­ons­krank­hei­ten könn­ten so ver­hin­dert werden.

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Kategorien: Alterskrankheiten, Bluthochdruck, Essentielle Fettsäuren und Herz.